Wer meinen Artikel „Den Hund auf das Baby vorbereiten“ gelesen hat weiß, dass wir versucht haben, uns bestmöglich auf die neue Situation „Hund & Baby“ vorzubereiten. Rund 2 Monate nach Ellas Geburt, ist es Zeit für einen ersten „Reality-Check“. Wie verlief die erste Begegnung? Wie hat Lilly auf das Baby reagiert? Waren wir wirklich gut vorbereitet, oder lief doch alles ganz anders?
Die erste Begegnung war sehr aufregend. Für uns alle! Der Plan war, dass nach der Geburt im Krankenhaus, zuerst ich nach Hause komme und Lilly begrüße und dann Patrick mit Ella. So ist der erste Schwung an Aufregung, weil ich mehrere Tage nicht zuhause war, schon mal abgeflacht und die Begegnung mit Ella dann keine Kombination aus „Lena ist zurück“ und „Hallo Baby“.
Soweit der Plan. In der Praxis war Lilly gar nicht zuhause als wir heimkamen, da wir sie ganz bewusst nicht alleine zuhause lassen wollten während Patrick mich im Krankenhaus besuchte. Es fühlte sich einfach nicht gut an, Lilly in der Zeit alleine zu lassen. Also fuhr Patrick Lilly immer zu meiner Mutter, während er mich besuchte und dort war sie dann auch, als er mich abholte. Meine Mutter kam dann mit Amy und Lilly ein paar Stunden nachdem wir mit Ella zuhause angekommen waren. Die Alternative wäre eine erste Begegnung im Auto gewesen, das hielten wir für keine gute Idee. Statt mir, kam dann also Lilly zur Tür rein. Meine Mutter wartete mit Amy noch eine Weile draußen und Patrick hatte Ella im Arm während ich Lilly begrüßte. Dann ging Patrick mit Ella in die Hocke und die beiden lernten sich kennen. Lilly wusste gar nicht wohin mit all ihren Emotionen und begann sofort, sie wie einen Welpen zu behandeln. (Was das genau bedeutet, erkläre ich gleich noch.) Die ganze Situation war sehr wild, fühlte sich ein wenig chaotisch an und dauerte darum auch nur wenige Minuten. Wir lösten die Situation schnell wieder auf und versuchten erstmal wieder etwas Ruhe reinzubringen. Lilly und Amy durften in den Garten und Ella lernte erstmal die Oma kennen. Die war zwar auch aufgeregt, aber viel ruhiger als Lilly! 😉
TIPP 1:
Ein Plan ist gut, Erwartungen weniger. Nicht alles kann mit Musik hinterlegt ein Moment werden, der auf Instagram zu Tränen rührt! Flexibel auf die tatsächliche Situation zum Wohl von Kind und Hund reagieren ist der richtige Plan B.
Die ersten Tage war Lilly in völliger Alarmbereitschaft. Sie verstand sofort, dass da nun ein Baby in unser Rudel gekommen war, um das man sich kümmern musste. Nur wer „man“ war, war ihr zu Beginn noch nicht ganz klar, also versuchte sie die Aufgabe zu übernehmen. Instinktiv wollte sie Ella abschlecken, denn so machen das Hündinnen mit ihren Welpen, um die Durchblutung anzuregen. Gefolgt von dem Versuch sie mit der Nase anzustupsen um ihr auf die Beine zu helfen. Es dauerte eine Weile bis sie verstand, dass Menschen-Babys zu den wenigen Säugetieren gehören, die nicht kurz nach der Geburt schon laufen können. Zumindest hat sie es mittlerweile akzeptiert. In den ersten Tagen wich Lilly nicht von Ellas Seite und war in Sekunden auf allen vieren, wenn diese nur ein klein wenig ihren Atem-Rhythmus veränderte oder dabei war aufzuwachen. Ich weiß nicht ob sie es roch oder fühlte, aber Lilly weckte mich die ersten Tage noch bevor Ella ein Geräusch von sich gab. Ich war jedes Mal erstaunt. Es dauerte ein paar Tage, bis Lilly nicht mehr versuchte, aufs Bett zu springen um sich um Ella „zu kümmern“. Beim Wickeln im Kinderzimmer war Lilly nicht nur dabei, sie hätte sich am liebsten mit auf den Wickeltisch gelegt. Da das nicht ging, legte sie sich direkt davor, so dass ich selbst kaum mehr Platz zum Stehen hatte. Die ersten Wochen pendelte Lilly mit mir jede Nacht vom Schlafzimmer ins Kinderzimmer und zurück. Mittlerweile liegt sie nicht mehr vor dem Wickeltisch, sondern auf ihrem Platz den wir ihr im Kinderzimmer eingerichtet haben (absolute Empfehlung) und es kommt mittlerweile auch mal vor, dass Lilly den nächtlichen Einsatz verschläft. Sie entspannt sich also langsam und vertraut uns, dass wir das alles im Griff haben.
Die ersten Tage waren wir wirklich sehr viel damit Beschäftigt, Lilly davon abzuhalten, zu nah an Ella ranzukommen um das Anstupsen zu verhindern. Während ich Lilly dabei sehr viel abwies, teilweise ohne es bewusst zu merken, war Patrick derjenige, der sich an die Worte unserer Hundetrainerin erinnerte und überall Leckerli für Lilly griffbereit hielt. Er schaffte es, jede meiner Abweisungen in eine positive Situation für Lilly umzukehren und sie für ihren Rückzug vom Baby oder ein ruhiges Verhalten in der Nähe des Babys zu belohnen.
Überhaupt übernahm Patrick schon während der Schwangerschaft die volle Verantwortung für Lilly und entlastete mich damit enorm. Irgendwann im 8. Monat hatte ich Schmerzen beim Gehen, eine immer schwächere Blase, die mich nicht mehr weit kommen ließ, und einen zu großen Bauch mit dem ich Lill`s 30 kg hätte nicht mehr halten können, wenn sie in die Leine gesprungen wäre. Patrick übernahm also für einige Wochen alle Gassi-Runden.
Ich bin Patrick unendlich dankbar (und war häufig auch etwas eifersüchtig) dafür, dass er es schaffte mich zu ersetzen, während ich mit mir, meinem Körper und dem Baby beschäftigt war. Man kann sich noch so sehr vornehmen den Hund nicht zu vernachlässigen, es ist wirklich kaum möglich. Zumindest war es für mich am Ende der Schwangerschaft und in den ersten Wochen nach der Geburt wirklich schwer mich ausreichend um Lilly zu kümmern. Zeit, Körper und ein kuschelbedürftiges Baby verschieben die Prioritäten.
TIPP 2:
Rückblickend würde ich mir nicht mehr vornehmen, ganz sicher meinen Hund nicht zu vernachlässigen, sondern mich schon im Vorfeld um Ersatz und eine klare Rollenverteilung Zuhause zu kümmern. Patrick nahm die Rolle an, ohne dass wir das im Vorfeld besprochen hatten, aber meinem Gewissen hätte es gut getan, hätten wir im Vorfeld klar kommuniziert, wer vorübergehend für „den Hund lieben und kuscheln“ verantwortlich ist.
Die ersten zwei Wochen waren schon eine kleine Challenge, weil Lilly einfach immer so nah wie möglich an Ella ran wollte, was wir nur sehr kontrolliert zulassen konnten. Konkret bedeutet das für uns noch heute, dass wir kein Risiko eingehen und die beiden nie alleine und unbeobachtet sind. Lilly ist zwar viel entspannter geworden und ihr drang nah am Kind zu sein lässt immer mehr nach, aber das Risiko bleibt, auch wenn sie es wirklich nur gut meint.
Das bedeutet für uns nun nicht nur, dass ich Ellas Körbchen, dass in Lills Höhe auf dem Wohnzimmertisch steht, auf den Esstisch stelle wenn ich auf Toilette gehe oder oben kurz was holen möchte. Das bedeutet auch, dass ich nachts Patrick wecken oder Lilly aus dem Schlafzimmer aussperren muss, um auf Toilette zu gehen. Eine Alternative ist es Lilly überall mithin zu nehmen, aber nicht immer hat sie Lust mich beim Wäsche waschen oder Müll rausbringen zu begleiten. Alles machbar und es stellte sich auch schnell eine Routine ein, aber vorbereitet war ich darauf nicht.
TIPP 3:
Ein tragbares Körbchen, dass ohne viel Mühe auf den Esstisch gestellt werden kann, währe vorbereitend sinnvoll. Den Korb den wir verwenden, kann ich alleine mit Baby drin kaum hochheben. Das kann man praktischer gestalten, um im Haus mit Hund flexibler zu sein.
Und dann sind da keine Probleme, wo wir im Vorfeld welche befürchtet hatten. Lilly ist super entspannt, wenn wir mit dem Kinderwagen unterwegs sind, trabt nebenher als hätte sie noch nie was anderes gemacht und macht keine Anstalten Ella vor Fremden beschützen zu wollen. Im Gegenteil, der Kinderwagen ist eine tolle Barriere zwischen ihr und anderen Hunden und hilft uns Hundebegegnungen entspannt zu meistern. Auch die zu Beginn fremde Hebamme wurde freundlich begrüßt und Lilly liegt auch entspannt daneben, wenn Freunde Ella auf den Arm nehmen.
Eine noch ungelöste Herausforderung, die ich mir auch anders vorgestellt hatte, sind die vielen Kuscheltiere die Ella geschenkt bekommt. Lilly dreht mir jedes Mal durch und verhält sich als wäre der Teddy ein großes Stück Leberwurst. Meine Idee war, dass Lilly und Ella jeweils nur 1-2 Kuscheltiere haben und diese „wenigen“ dann einfacher auseinander gehalten werden können von den beiden. Tja, die Rechnung geht nun schon nicht mehr auf, da Ella bereits jetzt stolze Besitzerin von zahlreichen Kuscheltieren ist. Noch interessiert sie sich nicht dafür und ich kann sie vor Lilly verstecken, aber das wird sich irgendwann ändern und dann brauche ich einen neuen Plan, aber dafür ist zum Glück noch etwas Zeit.
Alles in allem waren wir gut Vorbereitet und nun, da ein paar Wochen vergangen sind, wird es täglich entspannter mit Lilly und Ella. Lilly darf morgens und abends wieder zu uns ins Bett kuscheln, weil sie wieder entspannt genug dafür ist und ich kann mit Lilly wieder Gassi-Runden drehen. Der Alltag pendelt sich langsam wieder ein und wir haben uns alle aneinander und die neue Situation gewöhnt.