Lass mich mal riechen! // Gehen wir genug auf die Bedürfnisse der Hundenase ein?

Haben wir wirklich verstanden wie wichtig das Schnüffeln für unsere Hunde ist? 

Und verhalten wir uns auch entsprechend? Ein Artikel im DOGS Magazin von September hat mich nachdenklich gestimmt und mein Verhalten in Bezug auf Lilly´s „Rumgeschnüffel“ wesentlich verändert.

Interessant fand ich die Idee, dass Riechen beim Hund, mit dem Sehen beim Mensch zu vergleichen. Stellt Euch nun mal vor, dass jedes Mal, wenn ihr etwas schönes seht, Euch jemand von der Aussicht wegzieht und ihr es so nie schafft, die komplette Umgebung vollständig wahrzunehmen. Irgendwann habt ihr wahrscheinlich gar keine Lust mehr den Blick auf etwas schönes zu werfen und verliert Eure Freude daran.

Genauso geht es einem Hund, der nicht schnüffeln darf. Immer wenn er etwas riecht, kommt der Ruck an der Leine und er wird davon weggezogen. Wenn er Glück hat, kommt noch ein Kommando bevor der Ruck kommt, damit er dem Ruck entgehen kann und selbst weiterläuft. An der Leine zu ziehen ohne dem Hund die Chance zu geben selbst zu reagieren ist meiner Meinung nach ziemlich unfair. Mich als Mensch würde das nerven und frustrieren. Wir Menschen würden in solchen Situationen sicher sagen „Sag doch was, woher soll ich wissen was Du denkst!“. Dem Hund geht es hierbei ganz bestimmt nicht anders.

Das ist alles natürlich etwas überspitzt beschrieben, denn ich nehme an, dass jeder von uns seinen Hund mal schnüffeln lässt. Aber tun wir das genug?

Und natürlich können wir unseren Hund nicht an allem in Ruhe schnüffeln lassen, genau wie wir nicht immer alles um uns herum sehen können, denn manchmal haben wir es eilig und ein Ziel vor Augen. Keine Zeit uns umzuschauen und die Umgebung komplett wahrzunehmen. Schön wäre es doch, wenn der Hund dann auch immer ein Ziel vor der Nase hätte.

Ich meine damit, dass wenn wir uns auf eine Parkbank setzen oder in ein Café, um die vorbei laufenden Menschen zu beobachten, oder während eines Spaziergangs inne halten, um die Natur zu bewundern, es für den Hund genauso schön ist, wenn er Zeit zum Schnuppern bekommt, damit er die Umgebung auf seine Art und Weise wahrnehmen kann.

Es ist völlig in Ordnung, wenn wir den Hund nicht immer schnuppern lassen, zum Beispiel wenn er bei Fuss gehen soll, weil wir auf dem Weg irgendwo hin sind. Aber beim Spaziergang mit dem Hund, bei dem es ja wirklich nur um ihn gehen sollte, lassen wir unsere Hunde dann genug schnuppern oder wollen wir die Runde schnell beenden, unser Ziel erreichen und wieder nach Hause? Warum nutzen wir die Momente des Schnupperns nicht auch einfach viel mehr, für Momente des Sehens? Ein Spaziergang ohne Riechen, ist für einen Hund so spannend wie für uns einen Film mit verbundenen Augen zu sehen.

Seit mir das noch mehr bewusst ist, gebe ich Lilly mehr Raum zum Schnuppern. Wenn sie viel Zeit damit verbringt und ich nicht ganz so viel Zeit habe, wähle ich nun lieber eine kleinere Runde, als dass ich sie wegziehe.

Erstaunlich fand ich auch, zu lesen, dass und wie Hunde Zeit riechen können.

Viele von uns nehmen an, dass der Hund ein echtes Zeitgefühl hat, weil er immer zur gleichen Zeit in der Küche auf sein Fressen wartet oder weil er immer an der Tür steht wenn wir nach Hause kommen. Das stimmt nur bedingt. Hunde haben kein direktes Zeitgefühl, aber sie können die Zeit riechen. Sie wissen wie lange wir weg waren, weil sie riechen, wie viel oder wenig von unserem Geruch noch da ist. Je länger ich weg bin, desto geringer wird mein Geruch für Lilly. Und wenn ich jeden Tag um die gleiche Zeit gehen und wieder kommen würde, wüsste sie genau wann ich komme, da sie das anhand des noch vorhandenen Geruchs von mir riechen könnte. Es würde immer gleich „wenig“ nach mir riechen wenn ich nach Hause komme.

So können Hunde auch morgens und abends von einander unterschieden, denn Hunde haben so eine gute Nase, dass sie den unterschied der Gerüche zu verschiedenen Tageszeiten riechen können. So kommt es auch, dass Hunde immer zur gleichen Zeit, wissen dass es Zeit für ihr Fressen ist.

Verrückt oder? Wenn wir unseren eigenen Duft während unserer Abwesenheit also erneuern könnten, würde der Hund gar nicht merken dass wir wirklich lange weg waren.

Das sind nur wenige Dinge, die ich beim Lesen des Artikels gelernt habe, aber ich war davon so fasziniert, dass ich mir das Buch der Autorin gekauft habe, um die es im Artikel ging. Ich wollte sofort mehr über Lilly´s Nase und ihren Geruchssinn wissen. Vielmehr noch, ich wollte verstehen wie ich ihre Wahrnehmung der Welt durch ihren Geruchssinn noch mehr entgegen kommen kann.

Sicher habt ihr auch schon mal zu Eurem Hund gesagt „Schau mal, was ich hier habe“ als ihr ihm ein Leckerli unter die Nase gehalten habt. Oder „Schau mal, wer da kommt“… sicherlich macht es für einen Hund keinen Unterschied was wir sagen, aber richtig wäre „Riech mal..“ zu sagen. Der Hund versteht beides, aber unser Verständnis für die Wahrnehmung des Hundes verändert sich, sobald wir anfangen diesen kleinen Satz im Alltag zu ändern. So einfach ist das gar nicht, muss ich gestehen, aber ich geb mir Mühe, mir das mehr und mehr zu verinnerlichen.

Ich habe erst ein Drittel des Buches gelesen, aber bin wirklich fasziniert! Und die Autorin Alexandra Horowitz schreibt wirklich wunderbar, humorvoll und voller Leidenschaft über das teilweise, wirklich komplexe und wissenschaftliche Thema. Hätte sie meine Bio Bücher geschrieben, hätte ich damals in der Schule sicherlich bessere Noten geschrieben! Komplexe Zusammenhänge und Vergleiche beschreibt sie einfach Verständlich in bildhaften Beispielen.

Habt ihr gewusst, dass die Geruchswahrnehmung eines Hundes eine Billionen Mal stärker ist als unsere? Alexandra Horowitz beschreibt das anhand eines frisch gebackenen Zimtgebäcks. Stellt Euch vor, ihr kommt nach Hause und riecht den frischen Duft von gebackenem Zimt. Und nun stellt Euch vor, ein Hund riecht das 1 Billionen mal intensiver. Wow! Sie gibt tolle Beispiel und hat selbst unzählige Studien und Experimente gemacht um die Hundenase besser zu verstehen.

Ich bin mit dem Buch noch nicht durch, würde es aber jetzt schon als Pflichtlektüre für Hundebesitzer bezeichnen. Bei uns hat sich bereits einiges Verändert, seit ich ein tieferes Verständnis für Lilly´s Nase habe.

Vor ein paar Tagen waren Patrick, Lilly und ich in der Stadt. Wir waren vorher mit Lilly eine große Runde in der Natur und sie begleitete uns super brav und geduldig auf unserer spontanen Shopping-Tour. Eigentlich wollten wir nur Frühstücken gehen.. wir hatten Zeit und anstatt sie nur mit Leckerli für ihre Geduld zu belohnen, haben wir sie zur Belohnung auch an jeder Ecke, an jedem Laternenpfahl, an jedem Blumenkasten und sonst wo in Ruhe schnuppern lassen. Um Patrick begreiflich zu machen (er hatte weder den Artikel noch das Buch gelesen), wie schön das für Lilly ist, habe ich im erklärt, dass jede Ecke an der sie schnuppert, vergleichbar ist mit dem Facebook Newsfeed, oder den Instagram Stories. Sie schnuppert nicht einfach nur, sie erhält dort für sie relevante Informationen. Wer war schon da, wann, in welchem Zustand, männlich, weiblich… total spannend für die Maus!

Ich kann Euch das Buch wirklich sehr empfehlen! Wenn ihr all das nicht schon wisst, wird es Euer Verhalten im Umgang mit Eurem Hund positiv verändern.

Der Geruchssinn des Hundes ist erstaunlich und ich bin davon überzeugt, dass wenn wir uns etwas mehr darauf einlassen, haben wir glücklichere und ausgeglichenere Hunde.


Buchempfehlung:

Hund – Nase – Mensch: Wie der Geruchssinn unser Leben beeinflusst*
von Alexandra Horowitz


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